Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen,

 wir als demokratische Fraktionen sind vereint in unserer tiefen Betroffenheit und auch Sprachlosigkeit angesichts der schrecklichen Tat in Freudenberg. Ich möchte hier noch einmal der Familie und allen Freund_innen unser tiefes Beileid ausdrücken. 

 Ja, wir sind sprachlos. Wir sind sprachlos angesichts dieser unfassbaren Tat, bei der gleichaltrige Kinder ein anderes Kind getötet haben. Wir sind sprachlos angesichts des Schmerzes, der die Familien des Opfers, aber auch die der Täterinnen ereilen muss. Und ja, vielleicht sind wir als Politik auch sprachlos, weil es keine schnelle Antwort auf eine so schreckliche Tat gibt.

 Diese Sprachlosigkeit, darum bitte ich die Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen inständig, darf beim Thema Kinder- und Jugendkriminalität nicht in Polemik, nicht in populistischer Rhetorik und nicht in übereilten politischen Forderungen münden. Liebe Opposition, Sie hatten Ihren Law and Order Auftritt im letzten Plenum bei der Aktuellen Stunde zum Thema „Messerangriffe“ Lassen Sie uns jetzt gemeinsam differenziert und faktenbasiert auf dieses schwierige Thema schauen.

Tötungsdelikte unter Kindern und Jugendlichen sind extrem selten, jeder Fall ist unfassbar tragisch.

Überwiegend handelt es sich bei den erfassten Delikten von Kinder- und Jugendkriminalität aber um geringfügige Delikte wie Diebstahl oder Sachbeschädigung. Mir ist es ein Anliegen nicht alle Deliktfelder über einen Kamm zu scheren, auch hier müssen wir darauf achten zu differenzieren.

2021 gab es erstmals seit vielen Jahren einen Anstieg der Kinder- und Jugendkriminalität in der Polizeilichen Kriminalstatistik. Bis dahin war es eine kriminologische Tatsache, dass Kinder- und Jugendkriminalität kontinuierlich weniger wird. Und auch jetzt muss dieser Anstieg nicht zwangsläufig eine Trendumkehr bedeuten. Es ist aber unsere Verantwortung als Politik, die Zahlen und Fakten, die uns vorliegen, ernst zu nehmen. Dieser Verantwortung stellen wir uns mit diesem Antrag.

Und eben weil wir die Zahlen ernst nehmen und verantwortungsvolle Politik machen, müssen wir mehr darüber wissen: Was sind Tatmotive? Was sind Hintergründe? Welche Rolle spielen Gewalterfahrungen, Armut und Marginalisierung? Welche Rolle spielt die Pandemie? Welche Rolle spielt gesellschaftliche Verunsicherung durch einen Krieg in Europa? Was macht es mit Kindern und Jugendlichen, wenn schon im Kindesalter pornographische Videos und Fotos zur Normalität werden? Wenn Hass und Hetzte in sozialen Medien zum Alltag werden?

Um diese Fragen zu beantworten, fordern wir die Landesregierung auf eine wissenschaftliche unabhängige Studie auf den Weg zu bringen, die eben diese Frage aufnimmt und beantwortet. Und eben auch genau beobachtet: handelt es sich bei den Zahlen um einen statistischen Ausreißer oder um eine Trendumkehr?

Und wenn wir die Antworten zu den Ursachen und Gründen haben, dann kommt der schwierige Teil: dann müssen wir sehen, wo wir als Politik gegensteuern müssen, wie wir Maßnahmen aufsetzen können, die Kinder- und Jugendlichen gar nicht erst straffällig werden lassen. Es ist auch deshalb nicht leicht, weil der innenpolitische Instrumentenkasten nicht ausreicht. Weil unter anderem Familien- und Jugendpolitik, Sozialpädagogik, Justiz, Polizei und der Bildungsbereich gemeinsam diese Verantwortung auf sich nehmen müssen.

Ich höre jetzt schon (insbesondere von rechts): „aber mit Prävention und Erziehung, da macht ihr es euch aber ganz schön einfach“. Hier muss sich einfach endlich mal der Rechtsstaat durchsetzen.

Der Rechtsstaat setzt sich im Jugendrecht mit dem Erziehungsgedanken durch. Der Rechtsstaat setzt sich durch, weil wir anders regieren wenn Kinder straffällig werden. Anders reagieren wenn es Jugendliche sind und noch mal anders reagieren, wenn Erwachsene eine Straftat begehen.

Und ehrlich: Erziehung, das ist doch viel schwieriger als Bestrafen. Prävention ist doch viel mühsamer als Wegsperren.

Nee. Einfach würden wir es uns machen, wenn wir sagen: Ach alle wegsperren. Problem erledigt. So einfach ist es aber nicht!

Erziehung… Prävention… Es mag sein, dass diese Ansätze weniger populär in der breiten Masse sind. Aber sie sind die richtigen Antworten unseres Rechtsstaats. Und WIE genau wir diese einsetzen, dafür benötigen wir diese Studie.

Ich habe zu Beginn das Wort Sprachlosigkeit genutzt.

Sprachlosigkeit bedeutet aber nicht ratlos oder tatenlos sein. Im Gegenteil. Wir haben erkannt: wir wissen zu wenig. Also: brauchen wir die Fakten. Zu Hintergründen und Ursachen, zu Risikofaktoren und möglichen Maßnahmen. Das ist faktenbasierte Politik, das ist faktenbasierte Innenpolitik.

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