Rede zur Aktuellen Stunde zur OVG Besetzung

01.12.2023

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Wolf, diese Relativierung, die Sie eben gebracht haben, der Zustände in Polen und ganz besonders in Ungarn, ist ein Schlag ins Gesicht der aufrechten Demokratinnen und Demokraten dort vor Ort. Das hätte ich Ihnen nicht zugetraut. 

Diese Aktuelle Stunde ist der erneute Versuch, mit Aussagen, die bei Ihnen immer knapp daneben liegen, mit Aussagen, die nicht exakt das sind, was gesagt wurde, immer wieder den Eindruck zu erwecken, hier wäre etwas formal nicht korrekt gelaufen. Vor Wochen haben Sie angefangen, einen Vorgang, der nach geltendem Recht und Gesetz gelaufen ist, zu skandalisieren. Sie wiederholen immer wieder Aussagen, die schon vor Wochen vom Minister klargestellt wurden. Sie suggerieren durch bewusste Verdrehung von Aussagen, dass Abendessen, Telefonate oder Beurteilungen zu einer politischen Einflussnahme geführt hätten. Schon lange geht es Ihnen nicht mehr um die Beantwortung von Fragen; Ihre Fragen sind längst alle durch den Minister beantwortet worden – mehrfach. 

Es geht Ihnen darum, dass etwas hängen bleibt. Das ist unpolitisch, und das ist schäbig. Beim Vorgang hier geht es um die Präsidentschaft des OVG, in der Tat eine herausgehobene Stelle in der NRW-Justiz – eine Stelle, für deren Besetzung die verwaltungsrechtlichen Kriterien der Bestenauslese angewendet wurden, was auch durch das VG Düsseldorf anerkannt wurde. Es geht um die Besetzung einer Richterstelle, die nach Recht und Gesetz durch die Landesregierung erfolgt. Diese Ernennung erfolgt natürlich nicht willkürlich, sondern nach den eben genannten Kriterien der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz. 

 Die Landesregierung ist übrigens für viele Ernennungen in der Justiz zuständig: zum Beispiel der Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, Oberverwaltungsgericht, Landessozialgericht und, und, und; das ist also kein einmaliger Vorgang. Jetzt kann man natürlich schon sagen: Na ja, Moment – politisch gewählte Ministerinnen und Minister ernennen unabhängige Richterinnen und Richter? Ich kann sogar nachvollziehen, dass man hier kurz stockt und sagt: Na ja, ich muss kurz mal darüber nachdenken, ob dieses System denn so sinnvoll ist. – Man kann durchaus zu dem Schluss kommen, dass das im Rahmen der Gewaltenteilung vielleicht nicht der beste Weg ist.

Wer das ändern möchte, muss die Rechtslage ändern; dann gäbe es auch andere Möglichkeiten. Eine Möglichkeit wären zum Beispiel Richterwahlausschüsse, aber auch das ist sicherlich keine perfekte Lösung. Wenn man dann sagt: „Diese Regel, die wir hier anwenden, gefällt mir gar nicht so gut“, dann gibt es doch keine bessere Position, als Abgeordnete in einem Parlament zu sein, denn dafür sind wir doch da, die Gesetze zu ändern, die Regeln zu machen. 

Die machen wir dann doch besser als zuvor. Dafür sind Sie doch hier: Schreiben Sie einen Gesetzentwurf, gehen Sie im Ausschuss in die Diskussion. Lassen Sie uns diskutieren, ob es bessere Möglichkeiten gibt. Das wäre nämlich Ihr Job. Seit Wochen wollen Sie den Anwender der Regel um jeden Preis kritisieren. Dabei fällt Ihnen auf: Oh, die Regel ist schlecht. 

Aber anstatt die Regel zu kritisieren und andere Vorschläge zu machen, kritisieren Sie weiterhin den Anwender. Das ist so, als wenn ich den Schiedsrichter persönlich für die Abseitsregel kritisiere, wenn mir das Tor aberkannt wurde, weil ich im Abseits stand. Der Minister hat mehrfach ausführlich auf Ihre Frage geantwortet, wie er und sein Haus diese Regeln angewendet haben. Klar, ein Besetzungsvorgang einer Spitzenposition in der Justiz ist komplizierter als die Abseitsregel; deshalb sind Nachfragen auch völlig legitim. Aber nach all den Sitzungen muss doch jedem klar sein, wie die Besetzung erfolgt ist: nach den geltenden Kriterien der Bestenauslese mit den in der Verwaltung üblichen Gesprächen mit den hochkarätigen Bewerberinnen und Bewerber unter Führung der Z-Abteilung ohne politische Einflussnahme.

Man muss allerdings auch annehmen: Ganz offensichtlich haben Sie gar kein Interesse daran, die Beantwortung Ihrer Fragen anzunehmen und das Verfahren überhaupt irgendwie nachzuvollziehen.

Der Minister hat mehrfach auf die Fragen nach dem Bekanntschaftsgrad zu der einen Bewerberin geantwortet. Das sind ja auch berechtigte Fragen. Die Antworten interessieren uns übrigens auch. Aber irgendwann ist es absurd. Ich möchte Ihnen das einmal vor Augen führen, falls Sie nicht dabei waren: Die Frage des Abgeordneten Wolf aus der Sitzung vom 05.10. lautete – ich zitiere –: „Wo fand denn das Abendessen statt? Was haben Sie denn gegessen?“ – Genau auf dem Niveau bewegt sich hier die Diskussion. Ich frage mich: Wo soll denn da der Erkenntnisgewinn sein? Der Minister hat auch mehrfach ausgeführt, kein Näheverhältnis zu der Bewerberin zu haben. SPD und FDP hingegen haben keinerlei Skrupel, immer wieder das Wort „kein“ einfach mal so zu unterschlagen, und das immer wieder mit Genuss und Vorsatz.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich verstehe, dass es Fragen gab. Die hatte ich auch. Die hat der Minister beantwortet. Ausführlich. Umfangreich. Es ist legitim, Fragen und Nachfragen zu stellen. Aber irgendwann muss man sich selbst mal die Frage stellen, ob nicht doch alles beantwortet wurde, ob man nur noch krampfhaft nach weiteren Fragen sucht, um weitere Fragen stellen zu können. Sie sprechen in der Beantragung der Aktuellen Stunde von einer völlig neuen Wendung. Mal ehrlich: Das, was es bedürfte, um von einer völlig neuen Wendung zu sprechen, ist Ihre Art, Politik zu machen. 

Ein letzter Satz. Uns alle bewegt der Vertrauensverlust in staatliche Institutionen in unserem Rechtsstaat. Ich weiß, dass uns das in den demokratischen Fraktionen hier wirklich bewegt und wir alle gemeinsam versuchen, Strategien dafür zu finden. Was Sie als SPD und FDP für Ihre politische Profilierung betreiben, stärkt nicht das Vertrauen in den Rechtsstaat. Vielleicht sollten Sie sich mal Gedanken darüber machen, welchen langfristigen Schaden Sie damit anrichten. – Vielen Dank.“

 

 

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