Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen, liebe SPD,

vorab drei Punkte, bevor ich zu den Inhalten komme:

  1. Hier braucht sich niemand, wirklich niemand Sorgen machen, dass wir GRÜNE uns nicht ausreichend für den Unabhängigen Polizeibeauftragten einsetzen. Ich verspreche Ihnen, die Unabhängige Stelle des Polizeibeauftragten beim Landtag kommt!

    Wir haben das vereinbart und im Gegensatz zu anderen Koalitionen halten wir uns in der schwarz-grünen Koalition an Vereinbarungen und Zusagen. 

  2. Man soll ja keine negativen Vokabeln wiederholen, aber hier musste ich wirklich ein wenig lachen. „Selbstblockade beenden“ schreiben Sie in ihrem Antrag, machen sich zur Hüterin über unseren Koalitionsvertrag und sorgen sich, ob wir uns zu viel streiten. Auch diese Sorge nehme ich Ihnen gerne: Wir streiten nicht, sondern arbeiten konzentriert an einem Gesetzentwurf.
  3. Übrigens: Wir hätten in NRW schon längst einen Unabhängigen Polizeibeauftragten, wenn die SPD unter Rot/Grün nicht dagegen gewesen wäre. 

Um so schöner, dass Sie unseren Gesetzentwurf aus der 17. Wahlperiode – dem Sie dann ja aus der Opposition heraus zugestimmt haben –  jetzt quasi für Ihren Antrag kopieren. Ich freue ich mich, wenn wir mit guten Argumenten überzeugen können und auch die Opposition mitnehmen. 

Aber dass Sie jetzt hier mit einer namentlichen Abstimmung versuchen vorzuführen, das ist wirklich ein wenig platt.

Ich möchte jetzt aber gerne zur Sache reden.

Rechtsstaatlich, Bürgerorientiert und Professionell. Das ist unsere Polizei in NRW. Und genau diese Werte verkörpert die unabhängige Polizeibeauftragte.

Die Polizei trägt das Gewaltmonopol des Staates. Darauf haben wir uns als Gesellschaft geeinigt, damit nicht das Recht des Stärkeren gilt, sondern alle Menschen in Sicherheit leben können. Und das ist eine große rechtsstaatliche Errungenschaft!

Mit dem Gewaltmonopol und den damit verbunden starken Eingriffsrechten müssen wir besondere Ansprüche an die Polizei formulieren. Wir als Gesellschaft erwarten in jeder Situation absolute Professionalität. Egal, wie körperlich anstrengend, egal ob in der letzten Stunde der Schicht, egal wie provozierend das Gegenüber, egal wie konfrontiert mit menschlichem Leid. Die Polizei muss professionell handeln.

Das und vieles mehr macht die Arbeit der Polizei zu einem Job wie keinen anderen. Dafür dafür gilt den Polizistinnen und Polizisten unser Dank und unsere Anerkennung.

Und es ist doch klar, da wo mehr als 40.500 Menschen arbeiten, passieren Fehler.

Das ist keine Kritik, da ist kein Misstrauen, das ist eine Selbstverständlichkeit in einem so großen Apparat.

  • Was einen freiheitlichen Rechtsstaat ausmacht, ist nicht die Abwesenheit von Fehlern, sondern die Frage, wie damit umgegangen wird.

Das gilt für jedes staatliches Handeln. Das gilt für das Handeln der Polizei aber nochmal besonders. Denn neben den großen Herausforderungen hat das Handeln von Polizist*innen aufgrund der tiefen Eingriffsrechte eben stärkere Auswirkungen als anderes Verwaltungshandeln.

Es macht etwas mit einem Menschen, wenn er sich durch die Polizei ungerecht behandelt fühlt. Egal ob berechtigt oder nicht. Das kann das Vertrauen in die Polizei und auch in andere staatliche Institutionen schwächen. Und seien wir ehrlich: Sich bei der Polizei über die Polizei zu beschweren, ist eine Hürde. Diese Hürde werden wir nehmen und tragen so zur Bürgerorientierung bei.  

Ein wesentliches Ziel des Unabhängigen Polizeibeauftragten ist es doch, gegenseitiges Verständnis zu erzeugen, zur Verständigung beizutragen, Mediation, Moderation. Die Erfahrungen aus anderen Bundesländern zeigen genau das: ganz häufig lösen sich Konflikte, ohne dass zu einem Verfahren kommt.

Und damit ist der einzelnen Polizistin genauso geholfen, wie der Person, die die Eingabe gemacht hat.

Die Unabhängige Polizeibeauftragte ist aber nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger Ansprechperson, sondern auch für die Polizistinnen und Polizisten als direkte Ansprechstelle da. Als ehemalige Beamtin, weiß ich wie wichtig der so genannte „Dienstweg“ für eine funktionierende Verwaltung ist. Ich weiß aber auch, was für eine Hürde der Dienstweg sein kann, um Verbesserungsprozesse anzustoßen oder auf Fehler hinzuweisen.

  • Neben dem Dienstweg eine andere Möglichkeit zu haben, auf Fehler und Probleme hinweisen zu können, das stärkt die Fehlerkultur, das stärkt die Polizei!
  • Deshalb „unabhängig“ beim Landtag und nicht Teil des Apparates. Und mal ganz ehrlich: immer noch unter dem Eindruck der rechtsextremen Chats in Essen oder Münster und ja auch den schrecklichen Vorfällen in Lügde: Wenn es eine Chance gibt, dass eine solche Stelle Missstände aufdeckt und Leid nicht entstehen lässt, dann packen wir es an.

Wir haben diese professionelle Fehlerkultur sogar im Koalitionsvertrag noch mal gesondert festgehalten. Wir fordern diese Fehlerkultur von allen Führungskräften in der Polizei ein. Damit legen wir sehr viel Verantwortung auf die Schultern, die eh schon viel Verantwortung tragen. Diese Verantwortung können wir den Führungskräften in der Polizei nicht nehmen, wollen wir auch gar nicht. Aber mit der Stelle des Unabhängigen Polizeibeauftragten unterstützen wir diejenigen in der Polizei, die eine solche Fehlerkultur leben wollen, vom Kommissarsanwärter bis hin zur Polizeipräsidentin. Wir gehen den Schritt weiter, nicht immer nur nach individuellem Fehlverhalten zu schauen, sondern aus einem Gesamtbild zu lernen. Das stärkt die Polizei!

Die Polizei genießt ein sehr hohes Vertrauen mit Umfragewerten um die 80%.

Diese Vertrauen genießt sie zurecht!

Ich gehöre zu den 80%. Sie hier sicherlich auch!

Aber was ist mit den anderen 20%? Ein Teil dieser Menschen gehört besonders verwundbaren Gruppen an, die eigentlich einen besonderen Schutz brauchen. Die es aus Fluchtursachen, Familienhintergründen, Armuts-, Rassismuserfahrungen oder ganz anderen Gründen schwerer haben, die der Polizei nicht so vertrauen, wie wir es tun.

Es ist unser Anspruch und besonderes Anliegen auch diesen Menschen ein niedrigschwelliges Angebot, eine niedrigschwellige Kontaktmöglichkeit zu geben. Ich bin mir sicher: von steigendem Vertrauen in staatliches Handeln, davon profitieren wir alle. Und ganz besonders die Polizistinnen und Polizisten, die jeden Tag für unsere Sicherheit auf der Straße sind.

bürgerorientiert · professionell · rechtsstaatlich

Das sind die Grundsätze der Polizei NRW. Darauf können wir und darauf kann die Polizei stolz sein. Und genau das wird der oder die Unabhängige Polizeibeauftragte beim Landtag NRW verkörpern.

Der Unabhängige Polizeibeauftragte beim Landtag kommt!

Und zwar nicht, weil Sie liebe SPD diesen Antrag geschrieben haben, sondern weil wir als schwarz-grüne Koalition Zeit nehmen, einen Gesetzentwurf zu schreiben, der alle überzeugt.

Übrigens ist es auch Ihre SPD-nahe-Gewerkschaft, die uns scharf kritisiert für das, was Sie fordern. Wenn Sie wirklich an der Sache interessiert sind, dann gehen Sie dort in Gespräche.

Der Antrag zum jetzigen Zeitpunkt, ist – wenn auch sachlich richtig – überflüssig.

Die namentliche Abstimmung ist wohlfeil und zeigt, dass Sie an der Sache weniger interessiert sind, als an politischen Spielchen, die ehrlich gesagt, noch nicht mal besonders charmant sind.

Wir als Koalition brauchen Ihre Aufforderung nicht. Deshalb lehnen wir den Antrag ab.

Den Rückenwind für unser Anliegen, nehmen wir aber natürlich gerne mit.

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