Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen!

Wir leben in einer Zeit sich überlagernder Krisen. Der brutale Angriffskrieg Putins auf die Ukraine dauert an, die Auswirkungen der Coronapandemie sind weiterhin spürbar, und die Menschheitsaufgabe „Klimakrise“ ist unsere größte Herausforderung. Sie macht sich bemerkbar in Hitzesommern, den Waldbränden oder den erschreckenden Bildern der Hochwasserkatastrophe, die uns allen noch vor Augen sind.

Das alles macht es für die Menschen in NRW momentan nicht leicht. Das alles macht es für die Einsatzkräfte, die Sicherheitsbehörden nicht leicht. Und das macht es auch für uns als Haushaltsgesetzgeber nicht leicht.

Die Aufgabe der Politik ist es aber, nicht immer wieder die Krisen zu benennen, sondern vielmehr nach Lösungen zu suchen. Auch wenn ich im Rheinland aufgewachsen bin, ein „Et hätt noch emmer joot jejange“ reicht ebenfalls nicht aus. Weil wir das wissen, machen wir vorausschauendes Handeln zum Leitgedanken unserer Politik, und das im ganzen Innenbereich, eben im Einzelplan 03.

Übrigens, Herr Lürbke, wir haben mehr als drei Themen. Sie haben es geschafft, fast zehn Minuten über Taser, Clans und Klimaaktivisten zu sprechen. Wow! Wenn das Ihr Verständnis von guter Innenpolitik ist, dann bin ich froh, dass Sie über diesen Haushalt nicht entscheiden.

Wir als schwarz-grüne Koalition sind in der Innenpolitik mit dem Versprechen angetreten, dass die Stärkung des Katastrophenschutzes zu einem Schwerpunkt unserer Innenpolitik wird. Der vorliegende Haushaltsentwurf kann sich in einem ersten Schritt an diesem Anspruch messen lassen.

Mit dem vorliegenden Haushaltsplan stellen wir die Mittel für 15 Planstellen zur Errichtung einer zentralen Landesstelle für den Katastrophenschutz bereit. Wir verbessern den Schutz kritischer Infrastrukturen, und wir werden dafür Sorge tragen, dass die Bürgerinnen und Bürger selbst Verantwortung übernehmen. Selbstschutz und Selbsthilfe in der Bevölkerung zu stärken, ist die Basis für jede Krisenbewältigung.

NRW ist ein starkes Land. Die Menschen stehen zusammen und helfen sich gegenseitig. Das hat nicht zuletzt die enorme Solidarität in den verheerenden Hochwasserkatastrophen im vergangenen Jahr gezeigt. Wir Politikerinnen und Politiker stehen in der Verantwortung, die Menschen dabei zu unterstützen, das heißt durch kluge Prävention Krisen zu verhindern. Wenn das aber nicht möglich ist, dann gilt es, dafür zu sorgen, dass wir ein sehr gutes, kluges Krisenmanagement vorhalten. Auch dafür sorgen wir mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf.

Der große Schritt ist die Weiterentwicklung des BHKG. Dabei wollen wir alle zu einem gemeinsamen Ziel kommen, nämlich für den Schutz der Menschen in NRW zu sorgen, zum Beispiel dadurch, dass die Zuständigkeit des Landes für überregionale Katastrophen gestärkt wird.

Ich vertraue darauf, dass wir dabei als demokratische Fraktionen zusammenarbeiten, denn der gelungene Schutz unserer Bevölkerung darf kein Spielball für politische Auseinandersetzungen sein. Deshalb freue ich mich auf die konstruktiven Auseinandersetzungen und die Zusammenarbeit.

Die Menschen in NRW setzen sich füreinander ein. Gut jeder und jede Dritte in NRW engagiert sich ehrenamtlich, sei es im Sportverein, in der Jugendarbeit, in der örtlichen „Fridays-for-Future“-Gruppe oder in einer Hilfsorganisation im Bereich „Katastrophenschutz“. Sie leisten unverzichtbare Arbeit und halten unsere Gesellschaft am Laufen.

Dies gilt auch für die 91.000 Menschen, die in NRW in der freiwilligen Feuerwehr im Einsatz sind. Dass wir in NRW so gut aufgestellt sind, liegt auch an ihnen. Deshalb gebührt ihnen unser Dank für ihr großes Engagement.

Damit das so bleibt, treiben wir die Stärkung des Ehrenamts weiter voran. Wir führen die Prozesse nach dem Projekt „FeuerwEhrensache“ fort und setzen uns dafür ein, dass die freiwillige Feuerwehr die Vielfalt in unserer Gesellschaft widerspiegelt.

Manchmal sind es die kleinen, gar nicht so teuren Maßnahmen vor Ort, die einen großen Effekt haben, so zum Beispiel die Förderung der Jugendarbeit der freiwilligen Feuerwehr.

Zu den Menschen, die sich für unsere Gesellschaft einsetzen, gehören gerade die Polizistinnen und Polizisten in unserem Land. Dass Nordrhein-Westfalen ein sicheres Land ist, liegt eben auch an der guten Arbeit der Polizei. Ihnen möchte ich daher meinen Respekt und Dank aussprechen.

Bei Dankbarkeit und Respekt darf es aber nicht bleiben. Deswegen investieren wir da in besonderem Maße.

Die Polizei in NRW ist gut aus- und fortgebildet, personell gut aufgestellt und ausgestattet. Als Trägerin des staatlichen Gewaltmonopols muss das genauso sein. Das spiegelt sich auch im Haushaltsplan wider. Die Polizei NRW steht nämlich vor vielfältigen Herausforderungen.

Eine davon ist der Kampf gegen sexualisierte Gewalt gegen Kinder. Dass die Hellfeldzahlen ansteigen, ist ein Beleg für die wirklich hervorragende Arbeit der Polizei. Dennoch ist jeder einzelne Fall einer zu viel. Um die sexualisierte Gewalt gegen Kinder in Zukunft noch besser zu bekämpfen, werden wir die IT-Ausstattung unter Beachtung des Datenschutzes verbessern und die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Justiz kontinuierlich weiterentwickeln.

Die Belastung derer, die daran mitarbeiten, Straftaten gegen Kinder und Jugendliche aufzuklären und sie aus ihrer Situation zu befreien, können wir als Politikerinnen und Politiker wirklich nur erahnen. Es ist daher wichtig, auf die Gesundheit der Beschäftigten zu achten. Supervision und Seelsorge sind ein Teil der Antworten darauf. Ihre Arbeit ist unbeschreiblich wichtig für jedes gerettete Kind. Deshalb gilt auch hier unser tief empfundener Dank für das, was sie tun.

Eine weitere Herausforderung ist die Bekämpfung Organisierter Kriminalität. Hier gilt es, die Zusammenarbeit der Ermittlungsbehörden bei der Aufdeckung von Geldwäsche, Steuerbetrug, Rocker- und Mafiakriminalität weiter fortzusetzen.

Die gute Zusammenarbeit braucht es auch für die gemeinsame Erarbeitung einer nicht stigmatisierenden Definition der sogenannten Clankriminalität. Das ist nun mal keine terminologische Frage, sondern das ist notwendig, um das Phänomen statistisch sauber zu erfassen, um dann gezielt dagegen vorgehen zu können.

Auch die Zunahme von Cyberkriminalität ist eine Herausforderung, die wir angehen müssen. Dazu gehört das Betrugsdelikt beim Onlinehandel genauso wie der große Cyberangriff auf kritische Infrastrukturen. Wenn die Täterinnen und Täter professioneller werden, dann müssen wir dafür sorgen, dass unsere Polizistinnen und Polizisten entsprechend qualifiziert und spezialisiert sind. Dafür – und nicht nur dafür – braucht es eine Stärkung der Kriminalpolizei.

Die heutigen bundesweiten Razzien haben noch einmal sehr klar gezeigt, dass der Rechtsextremismus die größte Gefahr für unsere Demokratie ist.

Besonders gefährlich an dem heute aufgedeckten rechtsterroristischen Netzwerk ist, dass viele Personen aus Sicherheitsbehörden dabei waren. Diese an Waffen geschulten Menschen, die den Sicherheitsapparat kennen und den demokratischen Rechtsstaat bekämpfen wollen, hätten womöglich schwere Gewalttaten verüben können. Das ist eine neue Dimension. Ich bin froh, dass die Sicherheitsbehörden rechtzeitig und konsequent eingeschritten sind.

Es sind insgesamt große Herausforderungen für unseren Sicherheitsapparat in einer Welt, die immer unübersichtlicher geworden ist. Deshalb ist es so wichtig, in die Strukturen zu investieren, aber eben nicht blind in die vorhandenen Strukturen, sondern sehr gezielt zu schauen, wo es strukturelle Stärkungen braucht.

Wir sorgen mit der Finanzierung von 3.000 Stellen für Kommissaranwärterinnen und ‑anwärter dafür, die Herausforderung personell zu bewältigen. Gleichzeitig behalten wir die Qualität der Ausbildung im Blick und finanzieren acht zusätzliche Professuren an der HSPV.

Zur verantwortungsvollen und vorausschauenden Politik gehört immer auch die Frage, wie wir noch besser werden und wo wir diese Strukturen gezielt verbessern können. Wir stehen für eine Innenpolitik, die ihre Entscheidungen nicht nach Bauchgefühl, sondern auf der Grundlage von wissenschaftlichen Fakten treffen will. Diesen Weg werden wir weitergehen. Wir werden daher Forschungsaufträge für Dunkelfeldstudien, zur Ursachenforschung und zur Wirksamkeit von Maßnahmen vergeben. Auch dies trägt dazu bei, besser und effektiver auf Kriminalität reagieren und dieser vorbeugen zu können.

Die Polizei genießt zu Recht ein hohes Vertrauen in der Bevölkerung – übrigens Werte, von denen wir als Politikerinnen und Politiker nur träumen können.

Fälle wie der Tod des 16-jährigen Geflüchteten in Dortmund zeigen aber auch, dass dieses Vertrauen nicht in allen Bevölkerungsgruppen gleichermaßen vorhanden ist. Wir müssen sehr genau hinschauen und gemeinsam daran arbeiten, dieses Vertrauen herzustellen. Unser Anspruch ist ein NRW, in dem alle Menschen sicher leben können.

Bürgerorientiert, professionell und rechtsstaatlich, damit ist die Polizei Vorbild für viele andere. Nicht weniger kann unser Anspruch sein.

Mit der geplanten Stärkung des Bezirksdienstes sorgen wir ganz konkret für mehr Kriminalprävention sowie dafür, dass Polizei vor Ort wahrnehmbar und ansprechbar für alle ist.

„Ansprechbar für alle“ ist unser Anspruch nicht nur bei der Polizei, sondern zum Beispiel auch bei Fragen des Datenschutzes. Eine unabhängige Anlaufstelle für unsere Bürger*innen im Bereich des Datenschutzes besteht mit der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Neben ihrer Aufsichts- und Beratungsfunktion haben sie im vergangenen Jahr über 11.900 schriftliche Eingaben von Bürger*innen erreicht. Um diese wichtige Arbeit zu unterstützen, schaffen wir 16 neue Stellen bei der LDI.

Sie sehen, wir haben in den nächsten Jahren viel vor. Mit diesem Haushaltsentwurf legen wir dafür den Grundstein. Es ist ein Entwurf für eine Innenpolitik, die sich am Leitprinzip der Vorsorge orientiert und Politik nicht nur für morgen, sondern auch für übermorgen macht.

 

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